Quelle: http://homepages.uni-tuebingen.de/revenstorf/herpes.htm
Auszug aus der Studie
Durchführung: Birgit Pfitzer & Karin Clark
Schätzungen zufolge sind über 90% aller Menschen weltweit mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 infiziert. 20-40% der Virusträger bekommen rezidivierende Herpes-simplex-Infektionen, die vorzugsweise über der Gürtellinie auftreten und sich sehr häufig als „Fieberbläschen“ an den Lippen und im Gesichtsbereich manifestieren.
Ist das Virus einmal im Körper, nistet es sich in den Ganglienzellen der peripheren Nerven ein und kann immer wieder reaktiviert werden. In vielen Fällen verlaufen diese Infektionen „harmlos“: sie treten auf eine bestimmte Hautstelle begrenzt nur wenige Male im Jahr in Erscheinung und heilen in einem Zeitraum von ca. zehn Tagen spontan ab. Entgegen der allgemeinen Auffassung kann Herpes Labialis jedoch sehr häufig auftreten, eine starke Krankheitsaktivität entfalten und sich über weite Teile des Lippen – und Gesichtsbereichs ausbreiten: Die Betroffenen leiden oftmals unter starken Schmerzen, einem verminderten Selbstwertgefühl, Selbstekel, einer subjektiven Beeinträchtigung ihre Attraktivität und anderen psychosozialen Konsequenzen.
Neuere Studien weisen darauf hin, daß neben einer Vielzahl von auslösenden Faktoren insbesondere eine Schwächung des Immunsystems zu einer erneuten Reaktivierung der Viren und somit zu einer Herpes-Infektion führen kann. Zahlreiche Befunde aus der psychoneuroimmunologischen Forschung belegen, dass psychischer Stress über das ZNS und hormonell vermittelte Reaktionen das Immunsystem negativ beeinflusst. Inzwischen gibt es auch Hinweise darauf, dass aversive Emotionen wie z.B. Ekel, der häufig mit der Entstehung eines Herpesrezidivs in Verbindung gebracht wird, sich immunsuppressiv auswirken kann.
Eine Vielzahl von Studien belegen eine wirksame Reduktion von Stress und anderen emotionalen Belastungen durch eine hypnotherapeutische Behandlung. Darüberhinaus ermöglicht die auf verschiedenen Ebenen wirksame Hypnotherapie direkte Einflüsse auf Körperfunktionen (und damit auch auf das Immunsystem). Zudem gibt es einige empirische Evidenz für erfolgreiche Behandlungen der Herpes-Erkrankung mit (Selbst)-Hypnose-Techniken.
Aus diesen Überlegungen heraus ergab sich die Entwicklung eines spezifischen hypnotherapeutischen Behandlungsprogramms für PatientInnen, die häufig an Herpesinfektionen im orofacialen Bereich leiden. Die von uns durchgeführte Pilotstudie hatte zum Ziel, mit spezifischen Hypnotherapeutischen Interventionen und dem Erlernen von Selbsthypnosetechniken den TeilnehmerInnen eine Reduktion ihrer emotionalen Belastungen zu ermöglichen und zugleich ihr Immunsystem positiv zu beeinflussen. Dabei wurde angenommen, daß sich durch diese Form der Therapie im Vergleich zu einer Warteliste-Kontrollgruppe sowohl die Auftretenshäufigkeit der rezidivierenden Herpes-Infektionen als auch die Ausprägung der Erkrankungssymptome reduzieren lassen. Die Behandlung umfasste einen Informationsabend in der Gruppe und anschließend fünf individuelleTherapiesitzungen mit einem besonderen Focus auf der Stresswahrnehmung, dem Erlernen verschiedener Stressbewältigungstechniken und einem günstigeren Umgang mit aversiven Emotionen. Daneben wurde eine symptomorientierte Behandlung angeboten: die TeilnehmerInnen lernten, bereits bei den ersten Anzeichen für Herpes die vermittelten Techniken anzuwenden und somit auch den Schmerz und die mit der Infektion verbundenen unangenehmen Symptome zu verhindern bzw. - bei bereits bestehendem Herpes - zu lindern.
Aus einer Stichprobe von n=21 wurden 10 PatientInnen der Experimentalgruppe und 11 PatientInnen einer Warteliste-Kontrollgruppe randomisiert zugeteilt. Neben der Erfassung der Erkrankungshäufigkeit und der Herpes-Symptomatik wurden zusätzlich Stressbewältigungsmechanismen, die subjektiv erfahrene Belastung durch die Hauterkrankung und die Kontrollüberzeugungen der TeilnehmerInnen gemessen. Der Katamnese-Zeitraum für die Studie betrug sechs Monate.
Anhand einer zweifaktoriellen Varianzanalyse konnte neben einer nahezu signifikanten Reduktion der Auftretenshäufigkeit eine signifikante Reduktion der Krankheitsintensität gemessen werden. Durch Einzelfalldarstellungen wurden die individuell unterschiedliche Bedeutung von psychologischen Faktoren für die Entstehung der Herpesrezidive und individuelle Verbesserungen der Hautsymptome aufgezeigt. Hierbei war die Rolle aversiver Emotionen wie Ekel für die Herpesentstehung und – Behandlung von besonderem Interesse. Die an den psychometrischen Verfahren überprüften Hypothesen konnten nur teilweise bestätigt werden: so zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen der Experimental- und Kontrollgruppe in Bezug auf die soziale Unterstützung und die soziale Ängstlichkeit, während die internalen Kontrollüberzeugungen sich in beiden Gruppen durch die Behandlung nicht veränderten. Die nicht bestätigten Ergebnisse könnten v.a. durch die mangelnde Verfügbarkeit herpesspezifischer Erhebungsinstrumente bedingt sein: keines der Messinstrumente wurde an HerpespatientInnen validiert.
Buske-Kirschbaum, A., Geiben, A., Wermke, C., Pirke, K.M., Hellhammer, D. (2001). Preliminary Evidence for Herpes labialis Recurrence following Experimentally Induced Disgust. Psychotherapy and Psychosomatics, 70, 86-91.
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Hamilton, R. (1980). Das Herpesbuch. Darmstadt: Steinkopff-Verlag, 1980.
Hannigan, K. (1999).Hypnosis and Immune System Functioning. Australian Journal of Clinical and Experimental Hypnosis, Vol.27, No.1, 68-75.
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Karin Clark
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Birgit Pfitzer
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